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Thema: [spiegel.de] Netzlabels - Frickelnde Musikaktivisten
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chris
User
Usernummer # 6
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verfasst
www.spiegel.de Artikel
Klein aber fein erfreut sich eine musikalische Nischengattung im Internet wachsender Beliebtheit: Netzlabels mögen elektronische Musik, veröffentlichen ihre MP3s aber fast nur im Internet und das meistens gratis.
Vor ein paar Wochen gab es eine Tanzveranstaltung in einem feucht-kalten Kellerclub im Berliner Prenzlauer Berg. Das Musiklabel Thinner hatte zur Jahresparty geladen und junge Menschen standen herum und beäugten sich neugierig. Allzu oft hatten sie wahrscheinlich auch die Labelmacher nicht gesehen, die am Eingang die Gästeliste verwalteten: Thinner gehört der speziellen Gattung der "Netzlabels" an, die hauptsächlich im Internet agiert. Das bedeutet, Musikstücke werden bisher fast ausschließlich im Netz und oft gratis veröffentlicht. Die Macher führen die Labels von ihren Rechnern aus, offizielle Büros findet man daher nicht.
Netzlabels nennen sich Thinner, 8bitpeoples oder Subsource: Das Randgrüppchen mit einer ausgeprägten Vorliebe für elektronische Musik hat sich dem Musikmachen und der meist freien Verbreitung von MP3s über das Internet verschrieben. Um sich von den kommerziellen "physischen" Labels abzugrenzen, werden die international versprengten Musikmacher unter der Bezeichnung "Netzlabels" zusammengefasst. Musik im Netz heißt für sie "Netaudio".
Und die Netaudio-Gemeinde wächst stetig. Vor zwei Jahren resümierte Netzlabel-Experte Moritz Sauer im Magazin "de:bug": "Wir sind immer noch am Anfang einer Nischen-Kultur." Letzten Herbst wurden schon 130 Labels im freien Netzarchiv The Internet Archive katalogisiert. Diesen Monat listet es bereits mehr als 240 Netzlabels mit mindestens 5700 Musik-Titeln verschiedenster Stile auf. In der Übersicht des Online-Magazins "Phlow" dienen zur Ausdifferenzierung der Musik-Genres so illustre Namen wie "Digital Laptop Reggae", "Jazz Experiments", "Sampled Noises" oder "Video Art".
"Keine Rock-Stars in der Szene"
So eigen wie diese Namen klingen, so eigenbrötlerisch sind manchmal die Macher. Netzlabels sind was "für Geeks", sagt der kanadische Musik-Produzent Jay Haze, der fast im Alleingang seit sechs Jahren drei Labels dieser Art betreibt. Der Wahl-Berliner gibt dem Klischee Recht, dass die Macher gern autistisch am Rechner vor sich hinfrickeln. "Es gibt nicht viele Rock-Stars in der Szene", sagt er. Dabei könnte die Gemeinde mehr Aufmerksamkeit vertragen - wenn sie es denn wollte. Nicht selten sind die Macher leidenschaftliche Hobby-Aktivisten, was ihre Veröffentlichungswut angeht. Leider leidet da öfter die Qualität des Veröffentlichten darunter.
Doch ein Netzlabel kann meistens nur als Liebhaberprojekt mit bedingtem Einsatz nach Feierabend geführt werden, selten die Miete finanzieren. "Wir machen Underground-Musik, da kommt nicht viel Geld bei raus", sagt Jay Haze, der die Gagen für seine Auftritte in seine Labels investiert. Sein Netzlabel Textone betreibt er im Prinzip als Marketing-Portal, um überhaupt erst Öffentlichkeit für die Musiker zu bekommen.
(...)
Aus: Westend | Registriert: Nov 1999
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ndark
     
Usernummer # 3037
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verfasst
Zitat: Sein Netzlabel Textone betreibt er im Prinzip als Marketing-Portal, um überhaupt erst Öffentlichkeit für die Musiker zu bekommen.
schade, da hätte ich jetzt gern mehr drüber gelesen als diese randnotiz. auch interessant, dass er mittelfristig auf bezahl-downloads umstellen will. das halt ich für eine gute entscheidung.
Aus: ulmost | www.myspace.com/soundfreaks | Registriert: Jun 2001
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renniac
   
Usernummer # 4239
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verfasst
finds ein wenig schade, dass der fokus der berichterstattung meist nicht über thinner und textone hinausgeht und sich innerhalb der netlabel-szene dadurch schon ein starker mainstream herausgebildet hat. der noch unwissenden außenwelt wird dadurch ein eindruck vermittelt, der leider wenig zu tun hat mit dem dezentralen gedanken einer im grunde (noch?) sehr lebendigen szene. das ist sicherlich auch nicht absicht von thinner oder textone, aber der eindruck, der entsteht, ist ein sehr einseitiger. bleibt zu hoffen, dass die leute, die sich mit der netaudio-szene neu befassen, genug verständnis für den dahinterstehenden gedanken selbst mitbringen und vor allem, dass die szene sich selbst genug zeit gibt und nicht zerklüftet in büro-aktivisten und hobbyschranzer.
Aus: Erkelenz | Registriert: Nov 2001
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moody
  
Usernummer # 9500
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verfasst
ach lass mal. das ist schon gut so. sollen sie doch erstmal bei thinner, textone, subsource reinschnuppern. thinner war auch mein erster kontakt mit netaudio. von da an ging es immer tiefer. ich finde es klüger, den leuten ein paar schnupperstücke vor die nase zu legen, anstatt sie mit dem totalen underground zu überfrachten. da muss man sich hineinfinden und nicht hineingeschoben werden. wer bei thinner unterwegs ist, findet schnell zu autoplate und von dort zu 2063, kikapu, kahvi, hippocamp, ogredung...
was soll ich sagen - ich kaufe mir seit jahren keine platten mehr. der netaudio"markt" bietet mir genügend gutes.
Aus: dresden | Registriert: May 2003
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psychosonic
laberbacke
Usernummer # 417
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ich finde es schade, dass mitlerweile der einduck entsteht als würde die geimschaft der "internetmusiker" nur aus herzlosen friclern bestehen, die stundenlang vor ihren rechnern sitzen und versuchen rational "innovative" musik zu konstruieren.
Aus: köln | Registriert: Apr 2000
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bjoern_small
 217cup 2oo4
Usernummer # 4995
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Yep @ Psycho. Ich bin sowieso der Meinung, dass - sobald das Konzept des Netlabels etwas bekannter geworden ist - jede Wurst ein eigenes Netlabel gründen wird. Die einzigen Hürden sind technischer Natur (und die sind nicht mal hoch), es gibt keine Qualitätskontrolle. Dass das der Netlabelei nicht gut tun wird, ist klar.
Aus: München / Mainz | Registriert: Feb 2002
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silicon
AErodynamic
Usernummer # 503
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hm, ich finde mich da nicht zurecht - kann mir einer sagen wie man genres bei den netlabels erkennt? mir würd schon so standard-unterscheidung wie house, techno, trance, prog. house usw. reichen. ich blick da nicht durch.
@psycho:
Ausnahmen bestätigen die Regel?
cheers, silicon
Aus: Universe | Registriert: May 2000
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Hyp Nom
Morgen Wurde
Usernummer # 1941
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verfasst
'als würde die gemeimschaft der "internetmusiker" nur aus herzlosen fricklern bestehen'
wohl kaum, wenn man sich denn tatsächlich damit befasst. siehe z.b. die ganzen letzten releases auf Autoplate/Thinner, wie Lou Teti - Night Pieces, Color by Numbers - The Transitions, Arrial - This is my Beauty show me Yours, Marsen Jukes, etc.. alles fragile rührselige musiken, die hier im mytracks ausnahmeerscheinungen wären. insbesondere bekommt musik nicht durch 4 durchgeloopte akkorde herz
'sobald das Konzept des Netlabels etwas bekannter geworden ist'
guck mal bei discogs, wieviele millionen feststoff-labels es gibt und wieviele davon hier nie jemanden aus qualitätsgründen interessieren würden. wertet dieser umstand für dich das medium vinyl ab?
Richie Hawtin (der alle seine platten mp3-digitalisieren liess) beschreibt auf der neuen Slices-DVD ja schon anschaulich die zukunft. vinyl wirkt im zuge dessen immer lächerlicher, auch wenn man bedenkt, daß labelprofile und die gnade einiger weniger darüber entscheiden, ob einer der relativ sehr wenigen tracks, die diese leute zu gehör bekommen, nach monaten für das spielen im club freigegeben wird. DJs brauchen keine selektoren, die vorschreiben, was gespielt werden kann. wer monokultur respektive eine minimal/Kompakt-dominanz anprangert, müßte jedenfalls größter verfechter des konzepts der netlabels sein.
Aus: Kiel | Registriert: Feb 2001
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codeaddict
  
Usernummer # 14181
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verfasst
@hypnom: mach mir mal nen mp3 das nur annähernd so rund klingt wie ne ordentlich produzierte pladde
das geht ned .. alle der grossen "stars" die ich miot dem laptop gesehen habe leiden unter dem fehlenden guten klang
Vielleicht sind in ein zwei jahren ja alle inder der Technoszene ja so taub das es nix mehr macht
Aus: München | Registriert: Feb 2005
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Hyp Nom
Morgen Wurde
Usernummer # 1941
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verfasst
mp3s sind in guter kbit-rate natürlich immer näher dran am digitalsound der originaltracks als vinyl. vinyl verfälscht den klang stärker - auf eine weise, der gern angenehm empfunden wird, der aber eben weiter weg ist von dem sound, der im studio aus den geräten kommt.
Aus: Kiel | Registriert: Feb 2001
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bjoern_small
 217cup 2oo4
Usernummer # 4995
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verfasst
@ hyp: Nicht das Medium Vinyl, aber den konventionellen Musikmarkt allgemein. Doch darum geht es hier nicht. Es geht vielmehr darum, dass die Netlabel-Szene sich momentan ja gerade über Innovation, technischen Fortschritt, Andersartigkeit ect definiert, den ach so schlechten Musikmarkt ablehnt und sich so davon abgrenzt - Ansichtssache, aber ok. Dieses wird durch billige Plagiate nicht so bleiben und dann wird es - wie du schon sagtest - von der Qualität her keinen großen Unterschied mehr zum normalen Musikmarkt geben. Das eigene Selbstverständnis geht verloren. Was heute noch besonders ist, wird es morgen vielleicht nicht mehr sein.
Und bzgl. psychos Post: Welcher Spiegel-Leser beschäftigt sich denn eingehend mit Netlabels? Wohl die absolute Minderheit. Von daher entsteht dieser Eindruck dort sehr schnell.
Aus: München / Mainz | Registriert: Feb 2002
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Hyp Nom
Morgen Wurde
Usernummer # 1941
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verfasst
daß die netlabel-welt als ganzes mehr oder gar "die" bessere musik bereithält, behauptet wohl niemand. wohl aber, daß das medium an sich immer größeren spielraum für innovation/andersartigkeit/etc. bietet. dieser vorsprung wird heute und in zukunft genutzt werden und attraktiv sein, egal was für angebote es sonst noch gibt.
"Von daher entsteht dieser Eindruck dort sehr schnell."
an welcher stelle wird denn da der "eindruck" von "herzlosen fricklern" erweckt? allein das wort frickler wird wohl in keinem außenstehenden diese assoziation wecken. auch soul-musiker frickeln im studio.
Aus: Kiel | Registriert: Feb 2001
| IP: [logged]
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3J Phu
aka Custa
Usernummer # 6007
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verfasst
mir würd schon so standard-unterscheidung wie house, techno, trance, prog. house usw. reichen.
gibt's noch nicht - erst minimal-dub-techhouse, idm und ambient. aber vielleicht kommt's ja noch.
auch interessant, dass er [Textone] mittelfristig auf bezahl-downloads umstellen will
hm, hab doch erst kürlich ein inti von Haze gelesen, wo er meinte, dass sie weiterhin kostenlos sein würden, er aber gedenkt, ein freiwilliges "spendensystem" einzuführen.
à propos Textone:
So hat sich Jay Hazes Label Textone einen Namen damit gemacht, dass bekannte Künstler aus der Minimal-Elektronik-Szene wie Richie Hawtin, Ricardo Villalobos, Troy Pierce oder Håkan Lidbo nebenbei dort veröffentlichen.
hat schon jemand Richie's release entdeckt? oder kommt das noch? und überhaupt: steckt herr Hawtin angeblich nicht viel lieber sein geld in immobilien statt etwas zu riskieren und die innovation zu fördern? ;-)
Aus: Bikini Bottom | Registriert: May 2002
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rp[rf]
   
Usernummer # 2275
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verfasst
Zitat: Ursprünglich geschrieben von: bjoern_small: Yep @ Psycho. Ich bin sowieso der Meinung, dass - sobald das Konzept des Netlabels etwas bekannter geworden ist - jede Wurst ein eigenes Netlabel gründen wird. Die einzigen Hürden sind technischer Natur (und die sind nicht mal hoch), es gibt keine Qualitätskontrolle. Dass das der Netlabelei nicht gut tun wird, ist klar.
Wie überall regelt auch hier die Nachfrage das Angebot. Müll setzt sich nirgendwo durch, auch nicht wenn man ihn kostenlos anbieten kann. Eine Erkenntnis aus Zeiten, als Netlabels noch Trackinggroups hiessen Ich sag nur Traxinspace...
Zitat: Ursprünglich geschrieben von: bjoern_small: Doch darum geht es hier nicht. Es geht vielmehr darum, dass die Netlabel-Szene sich momentan ja gerade über Innovation, technischen Fortschritt, Andersartigkeit ect definiert, den ach so schlechten Musikmarkt ablehnt und sich so davon abgrenzt - Ansichtssache, aber ok.
Oha, das halte ich eher für ein Gerücht. Dadurch wird man kaum Energie aufbauen und halten können um eine funktionierende Infrastruktur zu betreiben. Jay mag das vielleicht aus Marketing machen, aber z.B. Sebastian/Thinner ist ein total Musikverliebter Idealist, der seine Vision von guter Musik auslebt. Mir geht das nicht anders und ich behaupte die meisten anderen machen Ihr Netlabel aus dem gleichen Grund.
Aus: hamburg | Registriert: Apr 2001
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a.XL
   
Usernummer # 10634
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verfasst
Zitat: Ursprünglich geschrieben von: codeaddict: @hypnom: mach mir mal nen mp3 das nur annähernd so rund klingt wie ne ordentlich produzierte pladde
liegt das nicht vielleicht auch am mastering?
Aus: Bochum | Registriert: Sep 2003
| IP: [logged]
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a.XL
   
Usernummer # 10634
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verfasst
2HypNom Zitat: Ursprünglich geschrieben von: Hyp Nom: an welcher stelle wird denn da der "eindruck" von "herzlosen fricklern" erweckt? allein das wort frickler wird wohl in keinem außenstehenden diese assoziation wecken. auch soul-musiker frickeln im studio.
doch, ich glaube das wort "frickeln" hat wirklich keinen so guten beigeschmack. max goldt bspw. hat sich in einem text mal darüber lustig gemacht. er findet es zwar nicht so richtig schlimm, würde es aber nie benutzen. "frickeln": das klingt so wie konzeptlos herumbasteln. der frickler ist also nur ein (mehr oder weniger dilettantischer) amateur, der einem hobby nachgeht. das professionelle gegenteil wäre der ingenieur.
nun wird "frickelig" aber auch in der elektronischen szene als wertfreies adjektiv benutzt, welches einen bestimmten sound bezeichnet. ich habe mir im laufe der zeit auch an diesen "fachbegriff" gewöhnt und die umgangssprachlich despektierliche bedeutung immer mehr verdrängt...
Aus: Bochum | Registriert: Sep 2003
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moody
  
Usernummer # 9500
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verfasst
@codeaddict
lausche mal der 12 auf textone. also wenn die nicht rund klingt...
Aus: dresden | Registriert: May 2003
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