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Thema: Website-Klau ist erlaubt !
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Fexx
  
Usernummer # 1293
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verfasst
************ Gerichtsurteil verunsichert Webdesigner
Nach einem Urteil[1] des OLG Hamm[2] vom 24. August 2004 (Az. 5 U 51/04) verstößt die Übernahme von Grafiken und Stylesheets auf die Website eines Konkurrenten nicht gegen Urheber- und Wettbewerbsrecht.
Die Klägerin hatte eine Website online gestellt, die unter anderem drei Computergrafiken enthielt, die sie nach eigenen Angaben mit großem Aufwand bearbeitet und erstellt hatte. Insgesamt habe sie für die Erstellung der Grafiken und der Website einen Betrag von 15.000 Euro aufwenden müssen. Diese drei Bilder sowie die Stylesheets der Seite, also Schrift- und Farbkombinationen, fand die Klägerin auf der Website des Beklagten wieder, zu dem sie in einem Wettbewerbsverhältnis steht. Die daraufhin eingereichte Unterlassungsklage wurde in erster Instanz vom Landgericht Bochum als unbegründet abgewiesen. Dieser Entscheidung folgten nun überraschend auch die Richter des Oberlandesgerichts Hamm.
Laut Urteil stellt die Übernahme von Bestandteilen der Website der Klägerin durch einen Mitbewerber keinen Verstoß gegen Urheber- und Wettbewerbsrecht dar. Nach Ansicht der Richter handelt es sich bei den übernommenen Bildern nicht um Werke der bildenden Kunst, die einen Schutz nach § 2[3] des Urheberrechtsgesetzes (UrhG[4]) beanspruchen könnten. Vielmehr fehle es ihnen an der dafür notwendigen "Schöpfungshöhe", da nicht ersichtlich sei, dass für die verwendeten Effekte eine "Kunstfertigkeit vorgelegen habe, die nicht jedem gegeben sei". Auch ein Lichtbildschutz nach § 72 UrhG[5] bestehe für die Computergrafiken nicht. Diese Vorschrift schütze nur die "persönliche Leistung des Lichtbildners". Eine Computergrafik sei dagegen nur das Ergebnis eines Programms, welches das Bild hervorbringe, "ohne eigenes selbständiges Zutun dessen, der den Computer bedient". Dagegen sei es beim Lichtbildner nicht damit getan, nur auf den Bildauslöser zu drücken. Aus diesem Grund ergebe sich ein rechtlicher Schutz für digitale Grafiken nur in Ausnahmefällen, so die Richter aus Hamm.
Einen Urheberrechtsschutz für die gesamte Website wollte das Gericht ebenfalls nicht annehmen. Ohnehin habe der Beklagte mit den Grafiken und den Stylesheets nur Teile der Seite übernommen, die nicht schutzfähig seien und die die Seite noch nicht zu einem Kunstwerk im Sinne des UrhG machten. Aus gleichem Grund verneint das OLG auch einen Unterlassungsanspruch aus Wettbewerbsrecht (UWG[6]). Da nämlich die Klägerin für ihre Werke keinen Urheberrechtsschutz beanspruchen könne, sei eine "Nachahmung" der Bilder und Farb-Schrift-Kombinationen auch unter wettbewerbsrechtlichen Aspekten zulässig. An zusätzlichen Umständen, die eine Unlauterkeit der Übernahme begründen könnten, fehle es nach Ansicht des Gerichts.
Professor Nikolaus Forgó vom Institut für Rechtsinformatik[7] der Universität Hannover[8] kritisierte gegenüber heise online das Urteil: Zwar lasse sich ohne Kenntnis des konkreten Falls keine Aussage über die Schutzfähigkeit der einzelnen Elemente treffen. Problematischer sei nach Ansicht von Forgó aber insbesondere die Verneinung der Anwendbarkeit von § 72 UrhG. Dieser schütze nämlich "Lichtbilder und Erzeugnisse, die ähnlich wie Lichtbilder hergestellt werden", unabhängig davon, ob Schöpfungshöhe erreicht wurde. Das Gericht ignoriere die Frage, ob eine Grafik, die aus einem Lichtbild hergestellt wird, "ähnlich" wie das Lichtbild selbst erstellt wurde, vollständig. Möglicherweise sei diese Versäumnis auf technisches Unverständnis des Gerichts hinsichtlich der Funktion von Grafikprogrammen zurückzuführen.
Zwar stellt das Urteil des OLG Hamm sicher keinen Freibrief für die Übernahme fremder Inhalte im Web oder gar die "Legalisierung von Website-Klau" dar. Für große Unsicherheit unter Designern und Website-Betreibern dürfte die Entscheidung der Richter aber sicherlich sorgen. (Joerg Heidrich) / (jk[9]/c't) ************
Für mich als Mediengestalter ist dieses Urteil der absolute Hammer ! Seid wann macht ein Computerprogramm "ohne" Zutun Bilder ?
Dies ist ein typisches Urteil von Richtern die gar keine Ahnung von der Materie haben! Außerdem ist das ein absoluter Gegensatz zu den ,vor einiger Zeit fast zu streng verschärften, Urhebergesetzen.
Oh man... [ 14.10.2004, 18:43: Beitrag editiert von: Fexx ]
Aus: irgendwo im nirgendwo / Muc-West | Registriert: Nov 2000
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DJFlow
Freefloater
Usernummer # 2176
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Auch aus meiner Sicht äusserst fragwürdiges Urteil, aber warum haben die nicht einfach ein Copyright ins Impressum der Website gestellt?
Aus: Dresden | Registriert: Mar 2001
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jan.solo
AElectricer ®
Usernummer # 6524
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verfasst
genau dieser satz is mir auch sofort ins auge gesprungen...
was ein quatsch. na klar kann man mit photohop und co ne ganze menge sachen machen, die vom künstlerischen aspekt eher gegen null gehen. andererseits benutzen manche diese programme aber tatsächlich wie pinsel und leinwand...
wer so ne aussage trifft, hat 2004 in einem gerichtssaal hinter dem tresen mit dem hammer eigentlich nix zu suchen...
Aus: frankfurt am main | Registriert: Jul 2002
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Fexx
  
Usernummer # 1293
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verfasst
Zitat: Ursprünglich geschrieben von: DJFlow: Auch aus meiner Sicht äusserst fragwürdiges Urteil, aber warum haben die nicht einfach ein Copyright ins Impressum der Website gestellt?
"Einen Urheberrechtsschutz für die gesamte Website wollte das Gericht ebenfalls nicht annehmen. Ohnehin habe der Beklagte mit den Grafiken und den Stylesheets nur Teile der Seite übernommen, die nicht schutzfähig seien und die die Seite noch nicht zu einem Kunstwerk im Sinne des UrhG machten."
Aus: irgendwo im nirgendwo / Muc-West | Registriert: Nov 2000
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spätaufsteher
   
Usernummer # 13087
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Das muss dieses neue Photoshop Plugin sein "Male Zufalls Bild" Ne, mal im Ernst. Mich würde mal interessiern welche Seite/ Bilder/ Software hier gemeint sind.
Aus: Dresden | Registriert: Aug 2004
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Fexx
  
Usernummer # 1293
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verfasst
Zitat: Ursprünglich geschrieben von: spätaufsteher: Das muss dieses neue Photoshop Plugin sein "Male Zufalls Bild" Ne, mal im Ernst. Mich würde mal interessiern welche Seite/ Bilder/ Software hier gemeint sind.
müsste die hier gewesen sein
Orginal: http://www.ipandmore.de/
Copy: (Site ist in der Fassung vom Netz) http://web.archive.org/web/20030721134133/http://www.ntek.de
Hier noch ein schöner Kommentar von einem Heise Leser:
"Illustratoren können erstrecht einpacken, wenn das nicht revidiert wird. -Kate Warner-
Wer mit Software Illustrationen erzeugt (oder in 3D-Software) kann bei dieser Begründung einpacken. Oder vielleicht vorsichtshalber was mit den Stift zeichnen, einscannen und dann weiterbearbieten. Gott schütze uns vor Dummköpfen in Richter-Roben!"
So siehts aus ! [ 14.10.2004, 19:20: Beitrag editiert von: Fexx ]
Aus: irgendwo im nirgendwo / Muc-West | Registriert: Nov 2000
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spätaufsteher
   
Usernummer # 13087
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verfasst
Zitat: Ursprünglich geschrieben von: Fexx: Orginal: http://www.ipandmore.de/
Die Seite ist ja ein Witz, technisch und künstlerisch steht da nix dahinter. Nun ist die Entscheidung der Richter für mich schon nachvollziehbar. Als Grundsatzurteil (ist das denn überhaupt eins?) zur Schutzwürdigkeit digitaler Kunst/Bilder ist es allerdings verheerend.
Aus: Dresden | Registriert: Aug 2004
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Stratos
   
Usernummer # 2080
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verfasst
also man muss natürlich auch berücksichtigen, dass es sich hier um ein urteil des oberlandgerichts handelt und somit der instanzenzug noch nicht ausgeschöpft wurde.
das letzte wort hat der bundesgerichtshof und nur diese urteile werden quasi rechtsverbindlich.
gruss stratos
Aus: Zentralschweiz | Registriert: Mar 2001
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DJFlow
Freefloater
Usernummer # 2176
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verfasst
@Fexx
Copyright ist doch was anderes als Urheberrecht, oder irre ich da so?
Aus: Dresden | Registriert: Mar 2001
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Fexx
  
Usernummer # 1293
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verfasst
Zitat: Ursprünglich geschrieben von: DJFlow: @Fexx
Copyright ist doch was anderes als Urheberrecht, oder irre ich da so?
Urheberrecht ist der deutsche Ausdruck dafür : :
Aus: irgendwo im nirgendwo / Muc-West | Registriert: Nov 2000
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herrplan
elektrobastard
Usernummer # 4794
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verfasst
ermmm.
einerseits spielt man mit dem gedanken, patente auf algorithmen zuzulassen. andererseits erlaubt man den klau von computergrafiken, die nichts anderes darstellen, als algorithmen über ein gui einzuhacken. wenn ich eine computergrafik erstelle, dann ist das sehrwohl eine schöpferische tätigkeit, die nicht jedem innewohnt, denn schließlich liegt die vorstellung des endgültigen aussehens der grafik nur an MIR. wenn ich ein 64k demo schreibe, dann ist das doch auch eine schöpferische tätigkeit. soll das bei der grafik nur deshalb nicht der fall sein, weil sie nicht beweglich und daher nicht so komplex ist, wie eine demo? die schöpfung einer computergrafik erfordert mindestens genauso viel kreativität wie ein lichtbild - um mal dieses argument der richter zu bemühen fast jedes musikstück, dass heute auf den markt gelangt, wird mit computerprogrammen erzeugt - zumindest in teilen. der logik der richter folgend, dürften zumindest diese mittels computerprogrammn erzeugten teile keinem urheberrecht unterliegen.
ich kapier's nicht. verdrehte welt...
Aus: dresden | Registriert: Jan 2002
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sevo
   
Usernummer # 10461
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verfasst
Zitat: Ursprünglich geschrieben von: herrplan: fast jedes musikstück, dass heute auf den markt gelangt, wird mit computerprogrammen erzeugt - zumindest in teilen. der logik der richter folgend, dürften zumindest diese mittels computerprogrammn erzeugten teile keinem urheberrecht unterliegen.
ich kapier's nicht. verdrehte welt...
Mit Musik hat das nichts zu tun - es ging ja nicht darum, daß es minderwertig sei, weil mit einem Computer gemacht.
Argument war, daß so eine Trivialgrafik kein Kunstwerk ist. Womit ich keine Probleme habe - denn wenn sowas ein Kunstwerk im Sinne des Urheberrechts wäre, wäre zum einen schon das Original die zigtausendste Imitation dieses Gestaltungstyps seit Mitte der 90er und daher verboten, und zum anderen müßte jeder, der eine Webseite durch einen Dritten gestalten läßt, deren laufende Nutzung über die VG Bild abrechnen - was erst Recht das Ende aller Webdesigner wäre...
Und daß das Lichtbildprivileg (das auch Fotos schützt, deren schöpferische Qualität fürs Werk i.S.d. Urheberrechts nicht reicht) nur auf Fotos selbst und nicht auf deren Bearbeitung mit Photoshop anwendbar sei, ist eigentlich auch nicht überraschend. Man kann sich über Sinn und Unsinn des Lichtbildprivilegs streiten, aber wenn auch noch jede Grafik, der irgendwie ein Foto zugrundeliegt, darunter fallen würde, könnte man jedes Nicht-Werk durch Applikation eines Fotoschnipsels urheberrechtlich veredeln - das würde eine technische Hintertür zur Erweiterung des Urheberrechts schaffen.
Fraglich ist allein, warum dem Geschädigten nicht eine Entschädigung aus leistungsschutz- oder wettbewerbsrechtlichen Gründen zugesprochen wurde - aber das kann an einem schlecht formulierten Antrag oder an einem mangelnden Schadensnachweis liegen...
Gruß Sevo
Aus: Frankfurt | Registriert: Aug 2003
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soulstar
   
Usernummer # 5668
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verfasst
also, künstlerischen aspekt bietet die originalsite wohl garnicht. man kann im netz wohl tausend anderer seiten finden die ähnlich aussehen. schon im website creator auf 1und1 gibts sowas. von daher kann ich das urteil nachvollziehen. was man aber in zukunft draus macht, steht auf nem anderen blatt...
Aus: marburg | Registriert: Apr 2002
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