Seit 1976 ist in den Niederlanden der Besitz geringer Mengen Cannabis de-facto straffrei und auch der Einzelhandel wird toleriert. Gleichzeitig wird aber paradoxerweise Ein- und Ausfuhr sowie kommerzieller Anbau zur Versorgung eben jener Einzelhändler und Konsumenten strafrechtlich verfolgt und kann zu mehrjährigen Haftstrafen führen. In 30 Prozent aller Drogenverfahren, mit denen die Staatsanwaltschaft zu tun hat, geht es um Cannabis. Im Jahre 1999 wurden in 14 909 Fällen insgesamt 110 341 kg Cannabis beschlagnahmt (mehr als fünfmal soviel als in Deutschland, das die fünffache Einwohnerzahl hat). In einem Interview mit der Tageszeitung De Volkskrant hat sich am Samstag, 19.04.2003 der Gerichtspräsident von Maastricht, Peter Paul Lampe für die Legalisierung von Drogen, beginnend mit Cannabis, ausgesprochen. Die strafrechtliche Verfolgung von Drogendelikten belaste das Gerichtssystem, so dass andere Strafsachen warten müssten. Die Rechtshandhabung kann durch eine Anzahl von Massnahmen verbessert werden, aber es gibt eine, mit der ein Sprung vorwärts gemacht werden kann. Holt die Drogen aus dem Strafrecht. Lampe: "Die Drogenbekämpfung bringt unsere ganzen Strafprozesse in Bedrängnis. Für einen Haufen anderer Sachen, die wir auch dringend verfolgen müssten, haben wir keine Zeit mehr. Darunter gibt es schwere Verbrechen. Also hört damit auf, legalisiert es endlich."
Dabei geht es ihm in erster Instanz um die weichen Drogen: Haschisch und Marihuana. "Die Legalisierung von harten Drogen, damit wurstele ich noch. Es ist ein gefährliches Zeug. Aber ich denke, dass wir letztlich erkennen müssen, dass Drogen, wie auch Alkohol, nicht mit dem Strafrecht zu bekämpfen sind."
De Volkskrant (NL), 19.04.2003
Lampe ist unter seinen Kollegen angesehen und war bereits Vorsitzender der Versammlung der niederländischer Gerichtspräsidenten. Er ist der erste amtierende Gerichtspräsident, der öffentlich für die Legalisierung eintrat, aber voriges Jahr hatte bereits sein Amsterdamer Kollege Reurt Gisolf anlässlich seiner Pensionierung diesen Schritt befürwortet.
Das Interview mit Lampe hat zu einer landesweiten Debatte mit allen politischen Parteien geführt. Von ihnen sprach sich nur die regierende christdemokratische CDA gegen eine Legalisierung aus. Sie befürchtet einen Anstieg des Drogentourismus. Nicht nur Parteien links der politischen Mitte wie die Sozialdemokratische PvdA, die SP und GroenLinks stimmen mit dem Gerichtspräsidenten überein sondern auch VVD, D66 und LPF (Liste Pim Fortuyn), die potenziellen Mitte-Rechts-Koalitionspartner der Christdemokraten. Damit gäbe es eine klare Mehrheit für die Legalisierung. Am 27.06.2000 hatte sich bereits eine knappe Mehrheit der Zweiten Kammer des niederländische Parlaments für eine Legalisierung von Cannabis ausgesprochen. Ein Hindernis sind jedoch die internationalen Abkommen, die die Niederlande dazu kündigen müssten. Ein anderes sind die diplomatischen Konflikte, die eine weitere Liberalisierung mit Hardlinern wie Frankreich provozieren würde.
Quelle: www.cannabislegal.de
[ 25-04-2003: Beitrag editiert von: TbO&Vega ]