Ich habe da gerade einen netten Bericht gefunden: Transparenz im Mix
Ein Workshop von Frank Pieper
Kennen Sie das auch? Da haben Sie in mühevoller Arbeit sämtliche Stimmen Ihres Stückes timing- und intonationsgenau auf getrennte Spuren aufgenommen, und beim Zusammenmischen passt nichts, aber auch gar nichts zusammen! Die Lautstärkeverhältnisse schwanken ständig, einzelne Instrumente beinflussen sich gegenseitig negativ im Sound - kurzum: Ihr Mix ist ein einziger Brei, und auch der finale Einsatz von Effekten wie Exciter, oder Summenkompression bringt nicht die erhoffte Wunderheilung.
Der wichtigste Rat an dieser Stelle: Gehen Sie in sich, hören Sie sich die einzelnen Spuren "roh", d.h. ohne EQs nochmals an und entscheiden Sie (und eventuell auch andere, am ganzen Prozedere bislang nicht beteiligte Personen), ob die Klangqualität der einzelnen Instrumente wirklich dem entspricht, was mit dem vorhandenen technischem Standart (z.B. Qualität der Mikrofone) machbar ist. Entspricht dies alles Ihren Vorstellungen, haben Sie auf der ersten Stufe Ihrer Produktion das maximal Mögliche erreicht, und das Problem des schlecht klingenden Mixes liegt tatsächlich am Mix, und nicht etwa an schlecht klingenden Spuren.
Als nächstes vergegenwärtigen Sie sich, was beim Abmischen überhaupt passiert. Beim Abmischen sortieren Sie eine Anzehl einzelner Instrumente bzw. Klänge in einen Raum" ein! Dieser Raum" hat drei Dimensionen. Die erste Dimension ist der Aussteuerungsbereich Ihres Mastermediums, der sich vom Heraustreten des Signals aus dem Grundrauschen bis hin zur magischen 0 "dB"-Marke erstreckt, ab der Ihre A/D-Wandler Verzerrungen produzieren bzw. Ihr Tonband in die Sättigung gerät. In dieser Dimension bestimmen Sie die Lautstärkeverhältnisse der einzelnen Spuren bzw. Instrumente durch Einstellen und Bewegen der Mischpultfader.
Darüber hinaus ist es notwendig, einzelne dynamikintensive Signale wie z.B. Gesang, Bass und auch Gitarren durch Kompression zu verdichten, so dass sie sich leichter mit konstanteren Signalen wie z.B. Keyboardflächen mischen lassen. Beim Komprimieren wird die Dynamik verkleinert, so dass laute und leise Stellen dichter zusammen rücken. Ungleichmäßige Anschläge bei Bass und Gitarre oder auch nicht konstant eingehaltene Mikrofonabstände beim Einsingen lassen sich so ausgleichen. Andernfalls entstehen die eingangs schon angesprochenen Schwankungen: Einzelne Silben des nicht komprimierten Gesangs gehen im "Klangteppich" unter, während die nächsten betonten und lauter gesungenen Phrasen viel zu deutlich im Vordergrund stehen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt sind die so genannten "Frequenzfenster". Das liest sich zunächst kompliziert, ist es aber nicht. Einfachstes Beispiel: Beim Durchhören Ihrer einzelnen Spuren stellen Sie fest, dass Bassdrum und Bass schön voluminös klingen und der Gesang und die Bassanteile der Gitarrenspuren ebenfalls ordentlich Druck" aufbauen. Da liegt natürlich gleich die Erwartung nahe, dass sich beim Zusammenmischen diese einzelnen positiven Aspekte alle in die gleiche positive Richtung addieren. Leider funktioniert dies höchst selten. Mit allergrößter Wahrscheinlichkeit werden sich die Bassanteile der einzelnen Spuren nicht miteinander vertragen, sondern sich gegenseitig teilweise auslöschen, so dass der Mix im Bassbereich "schwimmt" und letztlich keins der genannten Instrumente annähernd die Durchschlagskraft erreicht, die bei solo abgehörter Spur vorhanden ist.
Dies liegt an einem akustischen Phänomen, nämlich dem so genannten Verdeckungseffekt. Abhilfe: Wir erinnern uns an das schöne Sprichwort Weniger ist oft mehr" und benutzen die Kanal-EQs. Der eingeschränkte Platz im Bassbereich wird nur mit Bassdrum und Bass bzw. jenen Instrumenten belegt, die für den Bass zuständig sind. Gitarren und Gesang liegen frequenzmäßig weiter oben, also filtern wir durch Betätigen der Low Cut-Filter und Absenken mit dem Bassregler diese Signale schmaler. Probieren Sie es aus: Einzeln abgehört werden Sie wahrscheinlich den "Druck" Ihrer Gitarre vermissen, im Verbund mit Drums & Bass dürfte der entlastete Bassbereich nun wesentlich straighter und klarer erklingen.
Die nächste Möglichkeit, Transparenz zu schaffen liegt in der Nutzung der zweiten Dimension, nämlich der Stereobreite. Mit den Panoramareglern Ihres Pultes haben Sie die Möglichkeit, sämtliche Einzelspuren zwischen links und rechts außen einzuordnen. Sollen frequenzmäßig ähnliche Spuren wie z.B. mehrere Gitarren einzeln gut hörbar sein, darf man sie im Panorama natürlich nicht zu eng nebeneinander oder gar übereinander platzieren. Tipp am Rande: Es gibt einige gute analoge und digitale Basisverbreiterungs-Effekte am Markt, die die Transparenz und Breite des Stereobildes eines Subgruppen-Pärchens oder Ihres gesamten Mixes enorm verbessern können. Nur seien Sie bitte vorsichtig mit der Dosierung, denn als Nebeneffekt verschiebt sich oft die Balance hinzu gemischter Effekte wie z.B. dem Nachhall.
Womit wir bei der dritten Dimension angelangt wären, der Tiefe eines Mixes. Tiefe bzw. Tiefenstaffelung erzeugen Sie mit mindestens zwei, unterschiedlich tiefen Hallräumen, mit denen Sie die einzelnen Spuren Ihres Mixes verhallen. Oft wird derart vorgegangen, dass rhythmusbetonende Instrumente wie Bassdrum, Bass oder Rhythmusgitarren entweder vollständig "trocken", oder nur mit einem nahen "Ambience"-Effekt, also einem kurzen "Umgebungshall", versehen werden. Um dazu Kontrast zu schaffen, unterlegen Sie Melodie-Instrumente, Snare, eventuell vorhandene Bongos oder Congas und Solospuren mit tieferem Hall (längere Nachhallzeit, mehr Pre-Delay), so dass sich im Mix ein Eindruck größerer Entfernung zwischen Instrument und Hörer ergibt. Unterstützen können Sie das noch, indem Sie bei den genannten Spuren die Höhenanteile leicht bedämpfen - schließlich hört der Mensch eine weiter entfernte Schallquelle auch nicht so klar, deutlich und direkt.
Abschließend noch einige Standart-Tipps zur Bearbeitung einzelner Instrumente. Bedenken Sie aber, dass jede Aufnahme ihren eigenen Charakter besitzt, so dass die nun folgenden Angaben nur als Anhaltspunkte zu sehen sind, zur Modifikation von Ihrer Seite her frei gegeben.
Recht viel Bearbeitung benötigt in der Regel die Bassdrum, denn mit deren Natursound ist besonders bei Rock- und Pop-Aufnahmen keiner so recht zufrieden: Durch Bassanhebung bei 50-60 Hz erzielen Sie mehr Punch, 2,5-3,5 KHz liefert mehr Kick", also mehr Anschlaggeräusch. Den dazwischen liegenden holzigen" Bereich um 400 Hz sollten Sie etwas absenken, und für noch schärfer klingende Bassdrums a là Metallica muss für gewöhnlich auch der Höhenregler bemüht werden. Mit Hilfe eines knapp eingestellten Noisegates (kurze Attackzeit, Hold und Release nach Geschmack) können Sie den Toneinsatz verschärfen, ein Kompressor mit länger eingestellter Attackzeit (50-100 ms) hilft, schwammiges Nachdröhnen abzuregeln, während die Anschläge gut durchkommen.
Eine Snare erhält mit mehr 300 Hertz" Schuss" und Schlagkraft, obere Mitten ab 3500 Hz und Höhenzugabe sorgen für mehr Brillanz. Im Bassbereich erzeugt die Snare kaum relevante Anteile, weswegen Sie das Low Cut-Filter aktivieren und mit dem Bassregler ein wenig absenken sollten.
Diese Maßnahme ist auch bei dem HiHat-Kanal und teilweise auch bei den Overhead-Mikros empfehlenswert. Was die Bassspur unbedingt benötigt, ist ein Kompressor: Dieser fängt übermäßig starke Anschläge ab, stabilisiert das Sustain der Töne und gleicht oft vorhandene Lautstärkeunterschiede zwischen den Saiten aus.
Was den Sound angeht, gilt das Gleiche wie für die E-Gitarre. Einmal aufgenommen, lassen sich mit dem Mischpult-EQ nur noch grobe Bass-, Mitten- oder Höhenkorrekturen durchführen - der Charakter hängt in großen Maßen vom Equipment, von der Abnahmemethode (Mikrofonierung, D.I.) und natürlich (nicht zu unterschätzen!) vom Musiker ab.