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Geschrieben von: Olli-Polli (Usernummer # 2521) an :
 
Hier ein netter Bericht aus der heute erschienen FAZ Sonntagszeitung, bezieht sich auf DIESE Party und ist echt witzig geschrieben!!

Rübe meets Motte
Nach dem Ende der "Love Parade" ist Techno endlich wieder dort angekommen, wo er hingehört: in der Provinz. Zum Beispiel bei "Bird the Move" in Bad Rothenfelde.


Von Tobias Rüther
Ein DJ, der etwas auf sich hält, und die Bewohner der Provinz haben eines gemeinsam: Spitznamen. DJs nennen sich Dr. Motte, Fatboy Slim oder Hell. In der Provinz heißen die Leute Puschen, Dotter, Pöhler oder Zipp. Einer hat sogar beides unter einen Hut bringen können: Westbam, alias Westphalia Bambaataa. Sein richtiger Name lautet Maximilian Lenz, er ist gar nicht so weit entfernt von der Gegend aufgewachsen, wo sich Jungs, die genauso alt sind wie Westbam (Ende Dreißig) und die zwar nicht ihn, aber seine Musik kennen, seit Jahren Kracher, Unkerich oder Mauschel nennen, Rübe, Mügge oder Aaschi. (Einen aus dem Nachbarort nannte man Udo80, weil er einmal auf dem Schützenfest in einer Nacht achtzig Flaschen Bier getrunken haben soll, aber vielleicht ist das nur eine Legende.)
All diese Jungs tragen ihre Spitznamen seit der Zeit, als sie gemeinsam Fußball zu spielen begannen, ihre Mofas frisierten, mit Überlandbussen in die Schule und sonntags im Bulli zum Auswärtsspiel fuhren. Fußball ist hier, am südlichen Rand des Teutoburger Waldes, noch immer das höchste gesellschaftliche Ereignis des Wochenendes - neben den Schützenfesten und den Stoppelfeldrennen im Sommer natürlich. Wenn am Sonntag die "1.Herren" spielt, stehen sie da, irgendeiner kommt immer mit einem Tablett Pils vorbei, reihum spendieren sie sich die Runden, ihre Frauen stehen etwas abseits mit den Kindern, die bald auch Fußball spielen und ihre Spitznamen bekommen werden. Wie die entstehen, ist eine Wissenschaft für sich. Manche heißen "Willi" nach ihren Vätern. Es ist eine heile Welt.
Der Soundtrack dieser Welt allerdings ist ohrenbetäubend. Es ist Techno. Wenn es um Techno geht, schaut die Republik sonst auf Berlin, wo am gestrigen Samstag eigentlich die "Love Parade" hätte stattfinden sollen, nach endlosen Querelen aber abgesagt wurde. Dafür findet sie seit einigen Jahren eben hier statt: am Teutoburger Wald, auf der Grenze zwischen Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, in Bad Rothenfelde.
Hans Meiser von RTL wurde hier geboren. Der bulgarische Zar kam Anfang des vorigen Jahrhunderts zur Kur. General Wenk, der im Frühjahr 1945 mit der 12.Armee das belagerte Berlin entsetzen sollte, hat hier seinen Lebensabend verbracht. Bad Rothenfelde ist ein frühpensioniertes Heilbad mit Gradierwerken, Ententeichen, Herzkliniken, einer Niedersachsenligamannschaft (derzeit 4.Platz) und einem Vogelpark. Er liegt am Ortsausgang, zwischen Raps und den Kuhweiden der Bauernschaften. Dieses "Vogelparadies" stand jahrelang leer. Bis sieben Jungs - mit Spitznamen oder ohne, vier Studenten, ein Buchhalter, ein Produktmanager und ein Privatier - auf die Idee kamen, in den Gewächshäusern zwischen Palmen und Glas Technopartys zu feiern.
"Bird the Move" begann am 20.Oktober 2001. Seither hat es drei weitere Partys gegeben, die fünfte findet am nächsten Samstag statt. Inzwischen haben Szenegrößen wie Dr.Motte und sogar Sven Väth bei "Bird the Move" aufgelegt. Als er kam, es war der zweite "Bird the Move", hatte Väth wohl erwartet, auf einem Schützenfest zu spielen. Dann sah er die Palmen, die Mädchen, war hin und weg und spielte tropische vier Stunden lang. 2500 Menschen waren da, der Bass war bis ins nächste Dorf zu spüren. Bisher kamen immer weit mehr als tausend Raver zu "Bird the Move" angereist - aus dem Umland, aus dem Ruhrgebiet, ja sogar aus Stuttgart. Techno hat zwar seine Epizentren - die "Love Parade" natürlich, den "Mayday" in der Dortmunder Westfalenhalle oder "Sonne, Mond, Sterne" im thüringischen Saalburg. Doch im Herzen ist Techno eine Graswurzelbewegung: Schafft zwei, drei, viele Partys! Nur eine davon ist "Bird the Move", aber wohl die einzige in einer Voliere.
Die sieben Veranstalter kannten sich von solchen Partys oder weil sie in der gleichen Straße wohnen, und sie hatten keine Lust mehr, in die umliegenden Clubs von Bielefeld, Münster und Osnabrück oder noch weiter zu fahren, um dort zuviel Geld für zuwenig Spaß zu zahlen. Außerdem wollten sie alle schon immer einmal selbst eine Party auf die Beine stellen. Nur wo? Es mußte, um Erfolg zu haben, ein sehr exklusiver oder sehr ausgefallener Ort sein, eine verlassene Lagerhalle etwa oder ein stillgelegter U-Bahnschacht. In Bad Rothenfelde fahren jedoch nur Überlandbusse. Das "Vogelparadies" allerdings stand leer. "Ich wußte sofort", sagt Christoph Schlüter, der Privatier, "daß diese Location burnen würde."
Christoph Schlüter ist 27 und mit der Tochter des Betreibers zur Schule gegangen. Der Betreiber des insolventen Vogelparks läßt die sieben von "Bird the Move" frei schalten und walten. Bis heute. Die Wege sind kurz in einem kleinen Ort wie Bad Rothenfelde, dessen Schützenfest aus Prestige "Heimatfest" heißt und das um seine Kurgäste eigentlich immer besorgter war als um seine Kinder. Aber manche dieser Kinder sitzen inzwischen im Rathaus, was hilft, um in einem leisen Kurbad einen lauten Rave abzuhalten. Es gebe natürlich Beschwerden, sagt Christoph Schlüter, aber "die Gemeinde ist sehr human".
Wenn die Raver nach Bad Rothenfelde kommen, schlagen sie ihre Zelte am Waldrand beim Vogelpark auf, feuern die Holzkohlengrills an und feiern, schon Stunden bevor die erste Platte sich auf den Tellern zu drehen beginnt. Sie nehmen viel Bier und andere ungesunde Substanzen zu sich. Dann tanzen sie die Nacht hindurch. Die gestylten Gestalten tun es zu House-Musik im "Tropenhouse", die Cargohosen zu Techno im "Subtropia", dem alten Cafe des Vogelparks, dessen Stahlträger der Sache den nötigen Anstrich von Industrie geben. Die Losung, sagt Christoph Schlüter, heiße "Back to Party", weswegen sie keinen puristischen Techno buchen und keine "Bretterköpfe", sondern "Electrotrancehouse" oder "Techhouse to Techno to Electro". Wir geben aber nur die Plattform, sagt Schlüter. Die Leute besorgen den Rest.
Zum Beispiel beim Auftritt von Sven Väth vor zwei Jahren. Als die Männer von der Feuerwehr mal nicht aufpaßten, weil sie sich gerade eine kalte Cola von der Bierbude holten, stieg irgendein Raver in einen geparkten Leiterwagen, verriegelte von innen die Türen, schaltete Blaulicht und Sirenen an und feierte so lange im Führerhaus weiter, bis die Feuerwehr mit der Axt das Fenster einschlug, um dem Spuk ein Ende zu bereiten. Es wurde viel gelacht. Es ist eine heile Welt.
Auch vor drei Wochen, in einer Freitag nacht, rückte die Wehr zum Vogelpark aus. Allerdings nicht, um einen Durstigen vor sich selbst zu retten, sondern um ein flammendes Inferno zu löschen, das den Vogelpark in Schutt und Asche legte. Beton schmolz, Gehwegplatten stellten sich auf, nur die Stahlgerüste blieben stehen. Stunden zuvor hatten die sieben Veranstalter die Palmen noch gewässert und ein paar Disteln ausgerupft, es sei feucht gewesen, als sie gingen. Brandstiftung? Die Polizei vermutet, daß eine alte Sitzgruppe, "unser Chillout-Sofa", sagt Christoph Schlüter, zu brennen begonnen habe. "Im Vogelpark wird nie wieder eine Party stattfinden", schrieb einer der Veranstalter konsterniert seinen Freunden. Dem fünften "Bird the Move" drohte ein ähnliches Ende wie der "Love Parade". "Das hat dir erst mal das Herz herausgerissen", sagt Christoph Schlüter. Dann betranken sich die sieben einmal nach Kräften im Cafe Horstmann und rauften sich zusammen.
Jetzt stellen sie kurzerhand ein Zirkuszelt in den Vogelpark, neben die verkohlten Ruinen des Tropenhauses. Dort wird Techno laufen, auf der unversehrten Terrasse spielen sie House. Die "Love Parade" ist am Finanzrisiko gescheitert, "Bird the Move" aber hat nicht mal ein Feuer aus dem Vogelparadies vertreiben können. In der Provinz, wo die Leute nicht Motte, sondern Kracher heißen, wirft einen eben so leicht nichts um. Das nennt man Bodenständigkeit. Oder, in den Worten Westbams, des DJs, der aus der Provinz kam: "We'll never stop living this way."
"Bird the Move", am 17. Juli von 21Uhr an in Bad Rothenfelde, Sundernweg 26, Eintritt 15 Euro, www.birdthemove.de

Text: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 11.07.2004, Nr. 28 / Seite 50
 



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