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Autor Thema: Der Fall Wertheim - und was der Tresor damit zu tun hat...
Ma-Cell
Hanseat
Usernummer # 87

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... eigentlich nicht socviel, außer dass sich auf dem Grundstück mal das Wertheim-Einkaufshaus befand. Trotzdem interessant sind die Hintergrund-Infos über die Wertheims, welche in der "Welt" am 04.04.03 abgedruckt wurden:

Der Fall Wertheim

Der Familie Wertheim ist nichts von ihrem stolzen Kaufhaus- Reich geblieben. Jetzt klagt eine Nachfahrin auf Entschädigung

von Martin Halusa

Ein kleines rotes Holzhaus in der Helena Street, ein paar Quadratmeter Garten. Allerlei Nippes von den sieben Kindern, 16 Enkeln, vier Urenkeln und unzählige Fotos; ein gusseiserner Ofen im Wohnzimmer. An der Decke: Ränder vom letzten Regen. Im ganzen Haus riecht es süßlich nach Duftkerzen - dies ist das Dornrösschenschloss von Barbara ("Barb") Principe (70). Der Fernseher überträgt Eishockey.

Seit Ende des Zweiten Weltkrieges wohnt Barbara Principe hier,
im trostlosen Dörfchen Newfield, im südlichen Teil von New Jersey. Zwei Autostunden entfernt von New York City. Sie lebt in bescheidenen Verhältnissen. Die Knopf- und Schnallenfabrik ihres Mannes Dominique läuft nicht so gut. "Wegen der Chinesen", sagt er. Vor vier Jahren hatten sie 50 Mitarbeiter, jetzt sind es noch sechs. Barbara hilft aus. Ohne Gehalt. "Neulich hat er mir gesagt, ich bekomme eine Lohnerhöhung von 20 Prozent. Aber 20 Prozent von Null sind immer noch null", lacht sie.

Für Barbara Principe hätte das Leben auch völlig anders verlaufen
können - in Reichtum, mit Hausangestellten und Ländereien, mit Chauffeuren und Champagner. Die Großmutter aus New Jersey ist die Nachfahrin eines der größten Kaufhauskonzerne Deutschlands: Bis zur "Arisierung" durch Adolf ****** und der späteren Enteignung durch die Russen gehörte ihrer Familie "Das Wertheim" - das einst größte Kaufhaus Europas, gelegen an der Leipziger Straße in Berlin.

Luxus-Karossen von Maybach waren dort ebenso zu erstehen wie
feinste Stoffe aus China. Im Keller gab es eine Bank, in deren Katakomben befand sich nach der Wende der Techno-Schuppen "Tresor". Weitere Kaufhäuser und Grundstücke im Herzen Berlins gehörten den Wertheims. Und Barbara Principe ist die Enkelin von Franz Wertheim, einem der Gründer des Unternehmens. Er starb 1933, als die Nazis kamen.

In einem Prozess, der in diesem Jahr in New York beginnen soll,
verlangt die Erbin Entschädigung. Am 10. April wird Richter William Bassler in Newark (New Jersey) entscheiden, ob ein amerikanisches Gericht überhaupt zuständig ist und das Verfahren zugelassen wird. Es geht zunächst um viele Millionen. Geld, von dem Barbara Principe bis vor wenigen Jahren keine Ahnung hatte.

Der Fall Wertheim beschäftigt auch in Deutschland die Behörden:
Die Jewish Claims Conference beansprucht die ehemaligen Wertheim-Grundstücke im Ostteil der Stadt. Sie sollen einen Wert von 500 Mio. Dollar haben - auch dieses Geld könnte zum Großteil den Nachfahren zufallen. Die Bundesregierung verweigert die Rückgabe. Das "Wall Street Journal" spricht vom "größten Fall aller Zeiten"; nie zuvor hat eine einzige Familie, die den Holocaust überlebt hat, direkt oder indirekt Ansprüche in dieser Höhe geltend gemacht. Die Grundstücke gehören heute zu den besten Lagen, die Deutschland zu bieten hat.

"Als ich sechs Jahre alt war, mussten wir Deutschland verlassen.
Hals über Kopf", sagt Barbara. Erinnern kann sie sich daran nicht. Auch die deutsche Sprache ist aus dem Gedächtnis entschwunden. Über Holland fliehen ihre Eltern Günther und Frieda Wertheim nach London. Mit dem Schiff geht es weiter nach Havanna. Dort eröffnen sie ein Restaurant, das nicht läuft. Zwei Jahre bleiben sie auf Kuba.

Anschließend siedeln die Wertheims in die USA über, nach New
Jersey. Ihr Vater gründet eine Hühnerfarm, "das einzige, was er von Chicken wusste, war, dass sie gut schmecken". Dann ändert er seinen Namen in Wortham. Cousin Martin heißt noch heute so. Mit ihm gemeinsam klagt Barbara nun ihren Anteil am früheren Vermögen ein - zusammen 16,6 Prozent.

"Die Wertheims wurden drei Mal betrogen", sagt Gary Osen, Jahrgang 1969, der Anwalt der Familie in den USA. Als erstes haben ihnen die Nazis ihre Kaufhäuser weggenommen, dann beschlagnahmte Moskau die Grundstücke im Osten und machten sie in der DDR zu Volkseigentum. Und schließlich habe es in den Nachkriegswirren einen Betrug gegeben, durch den Barbara Principe um ihren Anteil am Milliardenkonzern gebracht wurde. Vor allem um diesen Fall geht es in der Klage, die nun in New York anhängig ist.

Gary Osen verlangt von Karstadt-Quelle 120 Mio. Dollar zurück, die
der Konzern im Jahr 2000 unrechtmäßig bei einem Grundstücksverkauf in Berlin verdient habe. Bei dem Deal ging es um 20.000 Quadratmeter auf West-Terrain, am so genannten Lenné-Dreieck - dort, wo Metro-Gründer Otto Beisheim für 463 Mio. Euro unter anderem ein Ritz Carlton, ein Marriott und Luxuswohnungen baut. Das Grundstück war 1988 im Rahmen einer Grenzbereinigung zunächst an West-Berlin, später an Karstadt-Quelle, gegangen.

Zur Vorgeschichte: Um sein Eigentum vor den Nazis zu retten, trat
Georg Wertheim, ein Jude, seinen Anteil an dessen Frau Ursula, einer Nicht-Jüdin, ab. Auch die Nachfahren von Franz und Wilhelm Wertheim, den beiden Brüdern Georgs, übertrugen Ursula Wertheim ihre Aktien. Als Georg Wertheim 1939 im Alter von 82 Jahren starb, wurden die Anteile seiner fast 28 Jahre jüngeren Frau auf einen "arischen" Fonds übertragen. Verwaltet wurde dieser Trust von Arthur Lindgens, dem einstigen Justiziar und persönlichen Freund der Familie.

Lindgens heiratete 1941 nicht nur die fast gleichaltrige Ursula
Wertheim, sondern Lindgens war es auch, der die Familie nach dem Krieg betrogen haben soll. Die Wertheims waren damals auf der ganzen Welt verstreut, drei von ihnen starben in Konzentrationslagern. Lindgens war im und nach dem Krieg Chef von Wertheim. Sein Ziel war es, Wertheim an den ebenfalls "arisierten" Konzern Hertie zu verkaufen. Dazu war es nötig, die Wertheim-Erben zur Aufgabe ihrer Restitutionsansprüche zu gewinnen.

1951 reist Lindgens nach New York und spürt dort Günther und
Fritz Wertheim auf - der eine mittlerweile ein Hühnchenfarmer, der andere ein Koch in einer psychiatrischen Klinik und Überlebender von Theresienstadt. Beide wollen ihre Anteile zurück. Nichts sei mehr übrig vom einstigen Kaufhauskonzern, die Gebäude zerbombt, entgegnet ihnen Lindgens. Wenn er den Rest der Firma retten wolle, benötige er einen Kredit. Und der sei an die Auflage gebunden, dass die Erben auf Restitution verzichteten, bekniet Lindgens die verarmten Brüder.

Gegen Zahlung von 40.000 DM treten Günther und Fritz Wertheim
ihre Ansprüche an Lindgens ab, dem Freund der Familie, einem Mann ihres Vertrauens. Was Lindgens verschwieg: Vier Tage vor dem Treffen mit den Wertheims hatte er die Fusion zwischen Wertheim und Hertie eingefädelt. Nach dem Zusammenschluss wurde Lindgens Chef des neuen Warenhauskonzerns. 1993 übernimmt Karstadt-Quelle die Firma Hertie. Noch immer trägt das Kaufhaus Wertheim am Kurfürstendamm den Namen der Familie.

Sie habe jahrzehntelang keine Ahnung vom Ausmaß des
Unternehmens gehabt. "Ich wusste, da gab es mal ein Kaufhaus. Mehr nicht". Kein Wort hätten ihr Vater und Mutter über Details verloren. "Vater war krank, die Nerven", sagt sie. "Er war frustriert, hat nicht viel erzählt". Seit der Flucht wurde nicht mehr viel gelacht im Hause Wortham, "heute wissen wir, warum". 1954 stirbt der verbitterte Günther Wortham, im Alter von 52 Jahren. Mit seinem Tod gerät die Erinnerung an das Erbe in Vergessenheit.

Erst Anfang der 90er Jahre stößt die Berliner Studentin Simone Ladwig-Winters auf den "Fall Wertheim", sie macht die Familiengeschichte zum Thema ihrer Promotion. Sie stößt auf dubiose Dokumente, dann auf Gary Osen. Im Mai 2001 reicht der Anwalt im Bezirksgericht von Manhattan Klage ein.

Karstadt-Quelle und Bundesregierung sagen, der Rechtsstreit, der
in Kürze in New York beginnen könnte, gehöre nicht vor amerikanische Gerichte. Allenfalls könnten die Nachfahren Geld aus dem Entschädigungsfonds erhalten, den Regierung und Industrie vor drei Jahren eingerichtet hatten. Ein paar tausend Dollar, auch der Fall Wertheim sei schließlich eine Folge des Holocaust und deshalb durch den Fonds abgegolten. Im vergangenen Jahr soll Bundeskanzler Gerhard Schröder das Thema beim Besuch von Präsident George W. Bush in Berlin angesprochen haben.

Barbara Principe, die zurückhaltende Rentnerin aus New Jersey,
könnte schon bald vielfache Millionärin sein. "Ich weiß gar nicht, was ich mit so viel Geld machen soll", sagt sie. Das meiste davon bekämen sowieso die Kinder und die Enkel.

Vielleicht eine Reise ins Ausland, in Berlin war sie vor drei Jahren
das erste Mal seit dem Jahr 1938. "Eine tolle Stadt", schwärmt Barbara. Mit bewegenden Momenten: Sie stand vor dem Kaufhaus, das ihren Namen trägt. Einen Schal hat sie dort gekauft - und flog zurück nach Hause. "Wir sind glücklich mit unserem Leben, so wie es ist. Wir haben alles, was wir brauchen", sagt sie bescheiden.

Das Geld würde allerdings einiges erleichtern. Zum Beispiel hilft
es, die Restaurantrechnungen zu bezahlen. Immer donnerstags trifft sich die Großfamilie nämlich in Newfield beim Italiener.

Artikel erschienen am 4. Apr 2003

Quelle: http://www.welt.de/data/2003/04/04/64141.html?search=wertheim&searchHILI=1


Aus: Feier- und Hansestadt Hamburg | Registriert: Dec 1999  |  IP: [logged]
Technicer

Usernummer # 5354

 - verfasst      Profil von Technicer     Eine neue privateMessage schreiben       Editiere/Lösche Post   Antwort mit Zitat 
hab den artikel auch gelesen. der lindgens scheint ja ein gerissener makker zu sein. durch das ganze hin und her scheint sich ja eine entscheidung über die zukunft des tresor grundstückes noch in die länge zu ziehen. bekommt der laden noch eine gnadenfrist. soll der keller dann eigentlich plattgemacht werden oder is das irgendwie denkmalgeschützt?
Aus: . | Registriert: Mar 2002  |  IP: [logged]
datensurfer

Usernummer # 7107

 - verfasst      Profil von datensurfer   Homepage     Eine neue privateMessage schreiben       Editiere/Lösche Post   Antwort mit Zitat 
nein ist nichts denkmalgeschützt. Wenn da ein neues Bürogebäude hin soll werden die alles platt machen.

Ich hoffe das noch ein jahrelanger Rechtsstreit entsteht, denn so lange darf der tresor dann weiter feiern!

Aber egal wer gewinnt, so oder so kommt da wohl ein bürotürmchen hin.


Aus: hannover | Registriert: Sep 2002  |  IP: [logged]


 
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